Nordarmenien – eine Reise in die Vergangenheit

Ich muss zugeben, bevor ich meine Reise in den Kaukasus unternahm, wusste ich kaum was über Armenien. Ein kleines Land mitten im Kaukasus und gefühlt von Beginn an dauerhaft von Konflikten umgeben. Von Zeit zu Zeit erfuhr ich dann mehr über die Religion, die Kultur und die Vergangenheit des Landes. Kurz vor Abflug nach Georgien entfachte der Bergkarabach-Konflikt erneut. Tausende ethnische Armenier flüchteten aus der von Aserbaidschan kontrollierten Region. Um ehrlich zu sein, hatte ich den Gedanken zu dieser Zeit eine Reise nach Armenien durchzuführen, für unmöglich beziehungsweise äußerst unrealistisch gehalten. Drei von uns, inklusive mir, wagten uns trotzdem, was sich als die richtige Entscheidung herausstellen sollte. 

Eine Reise in die Vergangenheit

Frühmorgens holte uns unser Fahrer und private Tourguide Aleksi von unserem Hotel ab, um uns auf den Weg Richtung georgisch-armenische Grenze bei Sadakhlo zu machen. Dort angekommen mussten wir aussteigen und die Grenze zu Fuß passieren. Bereits an diesem Punkt merkten wir einen deutlichen Unterschied zwischen Georgien und Armenien. Auf der georgischen Seite stand eine moderne Grenzstation wie sie auch in Mitteleuropa zu finden sein könnte. Angekommen in Armenien merkte man bereits an diesem Punkt den Einfluss der ehemaligen Sowjetunion. Zollbeamte in noblen Militäruniformen und breiten Tellerförmigen Kappen wie sie aus der Zeit der UdSSR bekannt sind. Nach der kurzen Frage woher wir kämen, war dann auch gleich der armenische Stempel im Pass und wir durften weiter. 

Auf dem Weg zu unserem ersten Stopp passierten wir zahlreiche verlassene, alte Fabrikhallen und Gebäude. Unser Fahrer erklärte uns, dass diese noch aus der Zeit der Sowjetunion stammten und auch größtenteils noch bis vor ein paar Jahren in Betrieb waren. Es fehlte lediglich das Geld, die Einrichtungen zu renovieren. Einer dieser Orte war eine alte Seilbahn, die offenbar bis 2016 in Betrieb war. Größere Umbauten und Reparaturen seit der Errichtung der Bahn – Fehlanzeige! Wir konnten es natürlich nicht lassen und mussten uns die Seilbahn aus der Nähe ansehen.

alte sowjetische Seilbahn
alte Kupfermine mit Bahnanschluss

Umgeben von Klöstern

Der Norden Armeniens ist besonders Bekannt für seine Klöster. Kurz nach unserem Abstecher zur alten Seilbahn fuhren wir auf einen kleinen Hügel zum Kloster Achtala. Es wurde Ursprünglich als Wehrkloster im 13. Jahrhundert errichtet und war einmal eine georgisch-orthodoxe Kirche, bis es zu einer armenisch-apostolischen Kirche umgewandelt wurde. Sämtliche Grundrisse, Malereien etc. sind demnach eher an eine orthodoxe Kirche angelehnt. Genutzt wurde das Kloster auch als Versteck der Einwohner des Dorfes vor Invasionen. Diese Verstecke befanden sich offenbar in den Wänden, die absichtlich doppelt gemauert wurden. 

Kloster Achtala umgeben von tiefen Schluchten

Weiter ging es dann zum befühmten Klosterkomplex „Haghpat“, der seit dem Jahre 2000 UNESCO Weltkulturerbe ist. Das Kloster wurde im 10. Jahrhundert erbaut und ist, bis auf kleine Renovierungen, größtenteils noch original. Im Vergleich zum Achtala-Kloster sieht man hier den Unterschied zur armenischen Kirche deutlich mit den runden Türmen und den kleineren Räumen. Auf dem gesamten Gelände des Klosters befinden sich Jahrhunderte alte Särge von Einwohnern der Stadt direkt im Boden eingelassen, auf die man, wie auf Pflastersteinen, darüber geht. 

der Haghpat-Klosterkomplex, ein UNESCO Weltkulturerbe

Als letzte Station besichtigten wir dann noch das Sanahin-Kloster, welches auf einem Plateau gegenüber vom Haghpat-Kloster liegt. Es wurde im Jahr 966 errichtet und zählt auch wie das Haghpat-Kloster zum UNESCO Weltkulturerbe. Sanahin gilt als das am besten erhaltene mittelalterliche Kloster Armeniens. Die verschiedenen Räume des Klosters können alle erkundet werden – auch hier läuft man wieder über zahlreiche, im Boden eingelassene, Gräber. Wir waren mehr oder weniger bei allen drei Klöstern die einzigen Touristen, was das Erlebnis zu einem noch größeren Abenteuer machte. 

Kloster Sanahin
Kloster Vorraum mit etlichen Särgen am Boden

Armenien hat mich wirklich beeindruckt. Die Menschen die wir hier getroffen haben sind extrem freundlich und zuvorkommend, auch wenn Armut im Land ein großes Thema ist. Vom Bergkarabach-Konflikt haben wir nicht das geringste mitbekommen. Eine Reise hier her ist es also definitiv Wert! 

originale MiG-21

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